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Tragödie im Wohnzimmer

Gläserner Blick: Madame Flora (Claude Eichenberger) in der Kammeroper «The Medium».

Dank seiner Tragödie «The Medium» gehört Gian Carlo Menot­ti zu den meistgespielten Kom­ponisten des 20. Jahrhunderts. Die Oper war ein Wurf; sie fei­erte 1947 grosse Erfolge am Broadway und wurde in ihrer ­wenig später realisierten Ver­filmung an den Filmfestspielen Cannes mit einem Sonderpreis ausgezeichnet.

In der Mansarde des Stadt­theaters gelangt die Oper nun in ihrer ursprünglichen, für kleinere Bühnen konzipierten Form zur Aufführung (Regie: Alexander Kreuselberg).

Quasi direkt über die Bühne gelangt man zur nur dreireihig bestuhlten Publikumstribüne. Noch näher am Geschehen, das sich während der folgenden siebzig Minuten in der Wohnung von Madame Flora abspielen wird, könnte man fast nicht sein.

Spürbar unbehaglich

Als musikalische Leiterin hebt Anne Hinrichsen am Klavier zum Beginn der Kammeroper an. Wie gelingt es ihr, die lauschige Atmosphäre so bald mit Spannung und gar Unbehagen zu durchziehen? Sich dies zu überlegen, hat man gar keine Zeit, denn sofort wähnt man sich unweigerlich mitten in der Handlung.

«Can it be that I'm afraid?» – «Kann es sein, dass ich Angst habe?», fragt sich Madame Flora. Nachdem sie sich ihr Geld als ­vermeintliches Medium mittels Kontaktaufnahmen mit Verstorbenen erschwindelt hat, widerfährt ihr plötzlich eine übersinnliche Empfindung, die sie sich nicht erklären kann.

Mit gläsernem Blick sucht sie im Raum nach dem Urheber des Scherzes, mit zittrigen Händen verschüttet sie den hochprozentigen Inhalt ihres Glases, mit ungestümer Hast greift sie zum Revolver. Madame Floras Angst ist spürbar, Claude Eichenbergers Verkörperung der Protagonistin fesselt.

Auch gibt Elissa Huber eine hinreissende Monica, die sich im Zwiespalt zwischen der Liebe zu ihrer Mutter Flora und der tiefen Zuneigung zu ihrem stummen Stiefbruder Toby befindet. Davidson Farias meistert seine schwierige, stumme Rolle als ­Toby mit starker Gestik und einer unerwarteten Tanzeinlage.

Anhaltend spannend

Die eingängige Musik Menottis verbindet kantable Passagen mit effektvollem Sprechgesang. Dem Ensemble (Claude Eichenberger, Elissa Huber, Lilian Farahani, Carl Rumstadt, Boriana Ange­lova) gelingt eine überzeugende Umsetzung, die insbesondere in der Verschiedenheit der einzelnen Stimmen einen speziellen Reiz findet.

Wie unablässig präsent die Darsteller sind, wird erst mit dem Löschen des Lichts am Ende der Tragödie deutlich. Man war selbst bis zum Schluss mittendrin.

Vorstellungen: bis 21. Februar, ­Mansarde Stadttheater, Bern.