Der Sprung ins Wasser

Mit der Mainzer Musiktheaterproduktion „Argo“ im Rokokotheater wurden die Schwetzinger Festspiele eröffnet.Foto: dpa  Foto: dpa
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Das Meer als Herausforderung, als mythischer Ort, anziehend und gefährlich zugleich, so sehen es der spanische Komponist José Maria Sánchez-Verdú und Gerhard Falkner, der...

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SCHWETZINGEN. Das Meer als Herausforderung, als mythischer Ort, anziehend und gefährlich zugleich, so sehen es der spanische Komponist José Maria Sánchez-Verdú und Gerhard Falkner, der das Libretto für das zu der Eröffnung der Schwetzinger SWR-Festspiele uraufgeführte Musiktheater „Argo“ schrieb. Viele Schichten stecken in dem Text, der den Mythos der Argonautenfahrt mit dem der lockenden Sirenen und Odysseus verbindet. Die Wasser-Bühne der Ausstatterin Etienne Pluss wirkt mehr als Verlockung denn als Drohung – trotz der drei gewaltigen über der Bühne schwebenden Hörner. Mirelle Weingartens bilderreiche, visuell immer wieder in ihren Bann ziehende Regie von „Argo“, das als Koproduktion mit dem Staatstheater Mainz im Schwetzinger Rokokotheater uraufgeführt wurde, lässt – durchaus in Übereinstimmung mit Sánchez-Verdú häufig Liveelektronik nutzender Musik – in Robert-Wilson-Manier die Zeit geradezu stillstehen.

Orpheus widersetzt sich den Verlockungen der Sirenen durch den eigenen Gesang, Odysseus lässt sich an den Mast binden, um ihm zu lauschen, aber nicht um ihm zu verfallen. Butes setzt sich der Gefahr aus, wagt metaphorisch und in der „Realität“ den Sprung ins Wasser. Die Sirenen töten ihn dennoch nicht, Aphrodite rettet ihn. Das auf verschiedenen Bedeutungsebenen der ineinander verwobenen Mythen basierende Musiktheater gibt Mirelle Weingarten Gelegenheit zu einer suggestiven, von nachdrücklichen Videoeinspielungen unterstützen Inszenierung, die sich an der Offenheit der textlichen Vorlage orientiert.

Jonathan de la Paz Zaens gab mit seinem flexiblen Bass den Butes auch darstellerisch suggestiv, Brett Carter war der auch mit sich selbst ringende Odysseus, der Altus Alin Deleanu verlieh dem Sänger Orpheus virtuos-betörende Töne. Als lockend-sinnliche, recht melusinenhaft angelegte Aphrodite begeisterte Maren Schwier nicht nur mit ihren Koloraturen. Der von Sebastian Hernandez-Laverny vorbereitete Chor des Staatstheaters Mainz bot keine Schwächen. Am Pult des im Graben und im Raum verteilten SWR Symphonieorchesters hatte der Komponist Sánchez-Verdú die geforderte Übersicht auch bei der Verbindung von Orchesterklang mit der vom SWR Experimentalstudio vorbereiteten live-elektronischen Realisierung.

Die in diesem Jahr bis zum 26. Mai unter dem Motto „Übergänge“ stehenden Schwetzinger SWR-Festspiele bieten neben „Argo“ noch zwei Musiktheaterwerke, Antonio Salieris „La Fiera di Venezia“ und Henry Purcells „The Fairy Queen“ zum Festivalabschluss. Das Thema „Übergänge“ greifen auch der Liederabend von Christoph Prégardien sowie der der Sopranistin Sarah Wegener auf. Artist in Residence sind diesmal die Geigerin Antje Weithaaas und die Cellistin Tanja Tetzlaff, die beide in mehreren Konzerten zu erleben sein werden. Bei sechs Streichquartett-Matineen präsentieren sich hochkarätige Ensembles wie das Belcea Quartet oder das Minguet Quartett. Neben einer Reihe bedeutender Solisten wie dem Pianisten Deszo Ranki oder dem Geiger Gil Shaham gibt es wieder die traditionelle Orchesterakademie mit dem SWR Symphonieorchester sowie die Schwetzinger Hofmusik-Akademie.