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Musiktheater
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L'elisir d'amore (Der Liebestrank)

Melodramma in zwei Akten
Libretto von Felice Romani nach Eugène Scribes Le philtre
Musik von Gaetano Donizetti

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 35' (eine Pause)

Kooperation mit der Semperoper Dresden

Premiere im Großen Haus im MiR am 5. Mai 2018

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Musiktheater im Revier
(Homepage)

Verzaubernder Wein

Von Thomas Molke / Fotos von Pedro Malinowski

Was eigentlich als Lückenbüßer für das Mailänder Teatro della Canobbiana gedacht war und in einer Rekordzeit von zwei bis vier Wochen entstand, zählt heute zu den größten Erfolgen der komischen Oper überhaupt und weist mit der Arie "Una furtiva lagrima" eine der populärsten Nummern der Opernliteratur aus, die nahezu jeder Tenor bei einem Konzert zumindest als Zugabe in petto haben dürfte. Die Rede ist von Gaetano Donizettis L'elisir d'amore, einem Werk, mit dem Donizetti seinen Siegeszug als gefeierter Komponist zwei Jahre nach Anna Bolena fortsetzte. Dabei wurde das Libretto nahezu eins zu eins aus dem Französischen übernommen, welches Eugène Scribe für die ein Jahr zuvor uraufgeführte Oper Le philtre von Daniel-François-Esprit Auber verfasst hatte. Dass aber Donizettis Melodramma Aubers Werk um Klassen übertraf, mag zum einen am italienischen Sprachwitz liegen, den Romani schon bei der Namensfindung der Hauptpersonen einsetzte. So bedeutet Nemorino in etwa "das kleine Nichts", was durchaus zu einem mittellosen Landarbeiter passt, während der Name Dulcamara aus den Adjektiven "dolce" (süß) und "amaro" (bitter) besteht und damit für die Vielzahl von Tränken steht, die er seinen leichtgläubigen Kunden anpreist. Zum anderen dürfte Donizettis breites Spektrum von komischen und gefühlvollen Szenen, die hier kongenial nebeneinander gestellt werden, den musikalischen Charme des Werkes ausmachen. Intendant Michael Schulz hat seine Inszenierung, die 2012 als Kooperation mit der Semperoper in Dresden herausgekommen ist, nun mit dem Ensemble des Musiktheaters im Revier einstudiert.

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Sie können nicht zueinander finden: Adina (Dongmin Lee) und Nemorino (Ibrahim Yesilay).

Aus heutiger Sicht ist es kaum vorstellbar, dass das Werk über 30 Jahre vor Richard Wagners Tristan und Isolde entstand, da es sich nahezu wie eine Parodie auf den fatalen Liebestrank in Wagners Musikdrama liest. Doch auch zu Donizettis Zeit erfreute sich der Tristan-Stoff, dessen Urfassung in der erste Hälfte des 12. Jahrhunderts entstanden war, einer so großen Beliebtheit, dass es nicht verwundert, dass die schöne wohlhabende Pächterin Adina zu Beginn des Stückes den Arbeitern aus diesem Roman vorliest und der junge Bauer Nemorino, der sich in die schöne wohlhabende Frau verliebt hat, Hoffnung schöpft, mit einem solchen Trank das Herz Adinas, die aufgrund ihres Standes und ihrer Bildung eigentlich unerreichbar für Nemorino ist, doch noch zu gewinnen. Da kommt ihm der reisende Doktor Dulcamara gerade recht, der angeblich genau diesen Trank in seinem Gepäck hat. Da Eile geboten ist - mittlerweile ist nämlich ein selbstgefälliger Sergeant namens Belcore ins Dorf gekommen und hat Adina einen Heiratsantrag gemacht, den diese auch annehmen will -, setzt Nemorino alles daran diesen Trank zu erwerben. Da er nicht genug Geld besitzt, verschreibt er sich dem Militär. Der Trank scheint auch sofort Wirkung zu zeigen, da Nemorino plötzlich von zahlreichen Frauen umgarnt wird. Allerdings weiß er nicht, dass diesen Frauen lediglich zu Ohren gekommen ist, dass er eine große Summe von einem verstorbenen Onkel geerbt haben soll, was ihn zu einer guten Partie macht. Adina wird sich ihrer Gefühle für Nemorino bewusst, als sie sieht, wie er von den anderen Frauen umworben wird, und ist zunächst gekränkt. Als sie jedoch erfährt, dass Nemorino dies alles nur für sie getan hat, kauft sie ihn vom Militär wieder frei und gesteht ihm schließlich ihre Liebe. Dulcamara preist den Erfolg seines Liebestranks.

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Belcore (Michael Dahmen, mit den acht Belcores im Hintergrund) umwirbt Adina (Dongmin Lee).

Das Regie-Team um Schulz siedelt die Geschichte in einem heruntergekommenen Tanzsaal an, in dem zahlreiche Menschen einer längst vergangenen Zeit nachtrauern. Die riesigen Scheiben im Hintergrund sind mit Brettern verschlossen. Die Decke weist große Löcher wie nach einem Bombenangriff aus, und auf der rechten Seite liegen mehrere Matratzen, die wohl als Schlafstellen in dem Raum ausgelegt werden können. Hier tanzen zu Beginn zwei Paare bis zur Erschöpfung wie bei einem Marathon-Tanz. Unklar bleibt, wieso im Hintergrund ein einsamer Strommast steht oder wieso am Ende des ersten Aktes ein riesiger Kronleuchter durch die noch intakte Decke bricht. Das Phantom der Oper lässt grüßen. Belcore dringt durch den Boden in diesen Raum ein, indem er sich mit einer Säge ein riesiges Loch sägt, durch das er mit insgesamt acht weiteren Belcores emporsteigt, die sein übersteigertes Ego unterstreichen sollen. Das weist schon eine gewisse Komik auf, da die acht Belcores die Bewegungen des Sergeanten entweder recht synchron imitieren oder in großartigem Fluss fortsetzen. Dass ihnen bei aller Homogenität trotzdem noch individuelle Züge verliehen werden, ist wohl der sehr ausgeklügelten Personenregie zu verdanken. So scheint sich ein Belcore im zweiten Akt wohl ebenfalls in Nemorino zu verlieben und himmelt ihn mit komödiantischer Mimik und Gestik an, bevor er wieder seine Position einnimmt. Wieso die Belcores allerdings zunächst in weißen Plastikkostümen aus dem Boden kommen, erschließt sich nicht wirklich. Die blauen Uniformen, die sie darunter tragen, lassen sie anschließend als schmucke Soldaten erscheinen.

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Ob der "Liebestrank" Nemorino (Ibrahim Yesilay) helfen kann?

Dulcamara bringt mit seinem Auftritt regelrecht Glanz in die Hütte. Mit einem riesigen Schiff durchbricht er die rechte Seitenwand und lässt eine Luke herab, hinter der ein silbern glitzernder Fadenvorhang mit vielen bunten Lämpchen einen Hauch von Las Vegas versprüht. Mit seinen diversen Tränken verbreitet er sofort gute Stimmung. Die Gäste legen ihre blassen Kostüme ab und treten nun in bunten, knalligen Farben auf. Nur der "Mann am Klavier", Merciaiuolo, bleibt in seinen tristen Beige-Tönen und schickt immer wieder weiße Luftballons mit kleinen roten Nachrichten in den Bühnenhimmel, die nach kurzer Zeit geplatzt wieder auf den Boden hinabfallen. Man fragt sich, welche Botschaften er da wohl hinaufschickt. Am Ende hat er jedenfalls doch noch Erfolg. Wenn Nemorino seine Adina bekommen hat, scheint der letzte Luftballon seinen Weg zu finden. Askan Geisler, der in Gelsenkirchen neben seinen Dirigaten und der Klavierbegleitung bereits als Erwin Bootz in den Comedian Harmonists sein schauspielerisches Talent unter Beweis stellen konnte, setzt auch die stumme Rolle des Klavierspielers überzeugend um. Dazu begleitet er auch noch am Klavier die Rezitative und darf auch den berühmten Tristan-Akkord anstimmen, der sicherlich so noch nicht in der Partitur gestanden hat.

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Dulcamara (Joachim Gabriel Maaß) hilft ein bisschen nach, damit Adina (Dongmin Lee) ihren Nemorino schließlich erhört.

Musikalisch überzeugt die Produktion auf ganzer Linie. Mit Ibrahim Yesilay hat man (noch) einen Tenor am Haus verpflichtet, der als Nemorino mit lyrischem Schmelz in den Höhen begeistert. Auch darstellerisch legt er den Bauernjungen mit großem Leidenspotenzial an. Wenn er ziemlich zum Schluss die vom Publikum schon lang ersehnte Arie "Una furtiva lagrima" anstimmt, geht Yesilays gefühlvolle Interpretation unter die Haut und braucht den Vergleich mit zahlreichen CD-Einspielungen nicht zu scheuen. Überzeugend stellt er auch die große Naivität des jungen Mannes dar, die ihn für Dulcamara zu einem leichten Opfer macht. Joachim Gabriel Maaß begeistert als Dulcamara mit großem Spielwitz und stellt sein komisches Talent vor allem im Duett mit Dongmin Lee als Adina unter Beweis, wenn er mit der kleinen Anekdote als alter Baron um eine schöne junge Frau wirbt, deren Herz bereits einem anderen gehört. Auch wie er aus dem Ende seinen persönlichen Nutzen zieht, wird von Maaß mit der ihm ganz eigenen Komik wunderbar umgesetzt. Dongmin Lee stattet die Adina mit einem leuchtenden Sopran und glasklaren Koloraturen aus. Die Wandlung von der kühlen zur liebenden Frau gestaltet sie dabei glaubwürdig. Große Bühnenpräsenz besitzt auch Lina Hoffmann als Gianetta, die mit ihrer Koketterie und verführerischen Bewegungen fast noch begehrenswerter als Adina wirkt. Auf sie macht Belcore mit seinen acht Doubles einen noch größeren Eindruck und so verschwindet sie mit den neun Männern mal kurz im aufgeschlagenen Zelt. Michael Dahmen verleiht dem selbstgefälligen Belcore eine wunderbare Arroganz und überzeugt stimmlich mit seinem lyrischen Bariton. Der von Alexander Eberle einstudierte Chor glänzt durch große Spielfreude und rundet mit der unter der Leitung von Thomas Rimes beherzt aufspielenden Neuen Philharmonie Westfalen den Abend wunderbar ab, so dass es am Ende großen Beifall für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Auch wenn man nicht alle Elemente der Inszenierung versteht, bietet diese Produktion gute Unterhaltung und ist vor allem musikalisch ein Genuss.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Thomas Rimes

Inszenierung
Michael Schulz

Bühne
Dirk Becker

Kostüme
Renée Listerdal

Licht
Thomas Ratzinger

Choreinstudierung
Alexander Eberle

Dramaturgie
Stephan Steinmetz

 

Neue Philharmonie Westfalen

Opern- und Extrachor
des MiR

Statisterie des MiR

 

Solisten

*Premierenbesetzung

Adina
Dongmin Lee

Nemorino
Ibrahim Yesilay

Belcore
*Michael Dahmen /
Zhive Kremshovski

Dulcamara
Joachim Gabriel Maaß

Gianetta
Lina Hoffmann

Merciaiuolo
Askan Geisler

Acht Belcores
Thomas Baltus
Gianluca Bruno
Daniel Burgis
Peter Ekemba
Damian Krafczyk
Roman Pilgrim
Lukas Rohrmoser

Sebastian Schiller
Béla Schölei
Julian Wangemann
Moritz Welsing

Tanzpaare
Sarah Block
Dominik Olbrisch
Darja Roenchen
David Wicki
Heike Hülsmann
Ludger Streich
Dumitria Singerean
Marc Lüddecke

 


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