Donnerstag, 28. März 2024

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"I due Foscari" an der Bonner Oper
Untergang einer Familie

Venedig als Machtzentrale, dazu eine dramatische Familiengeschichte: Das sind die Zutaten in Giuseppe Verdis Oper "I due Foscari". Regisseur Philipp Kochheim inszeniert das Werk am Opernhaus Bonn mit eindrucksvollen Bildern, sagte der Opernkritiker Michael Struck-Schloen im Deutschlandfunk.

Michael Struck-Schloen im Gespräch mit Doris Schäfer-Noske | 07.05.2018
    Lucrezia (Anna Princeva) und Jacopo (Leonard Bernad) in der Oper "I due Foscari" am Theater Bonn
    Lucrezia (Anna Princeva) und Jacopo (Leonard Bernad) in der Oper "I due Foscari" am Theater Bonn (Theater Bonn / Thilo Beu)
    Die Karriere von Italiens populärsten Opernkomponisten Giuseppe Verdi verlief in Wellen: Nach dem Sensationserfolg von "Nabucco", dessen Gefangenenchor damals in ganz Italien gesungen wurde, brauchte Verdi fast zehn Jahre, um mit "Rigoletto" oder "La Traviata" wieder Welterfolge zu landen. In der Zwischenzeit war er nicht untätig ‒ im Gegenteil: Er nannte diese Jahre seine "Galeerenjahre", weil er eine Oper nach der anderen komponiert und immer wieder neue szenische Ansätze erprobte. Mit 31 Jahren komponierte Verdi die Tragödie "I due Foscari" (Die beiden Foscari) über einen venezianischen Dogen und seinen Sohn, der eines Mordes angeklagt wird. Das Opernhaus in Bonn hat die selten gespielte Oper jetzt auf die Bühne gebracht, als letzte eines Zyklus von Verdi-Frühwerken.
    "Eine richtig saftige Oper"
    "I due Foscari" basiert auf einem gleichnamigen Stück von Lord Byron. An der Handlung habe Verdi das Politische interessiert, so Opernkritiker Michael Struck-Schloen im Deutschlandfunk - die Macht, die in Venedig auf eine besonders kalte und harte Weise ausgeübt wird. Auf der anderen Seite habe Verdi auch die persönliche Familiengeschichte fasziniert. "Das Stück von Byron ist sehr lang, aber nicht besonders aktionsreich", berichtet Struck-Schloen, "deshalb hat Verdi ein paar Szenen eingefügt. Er hat seinem Librettisten gesagt: Mach doch hier ein bisschen Radau, es kamen Massenszenen und dramatische Szenen hinzu. So hat er eine richtig saftige Oper daraus gemacht."
    Venedig als Machtzentrale
    Wie in "I due Foscari" der alte Vater seine Macht und sein Familienglück schwinden sieht, das zeigt Regisseur Philipp Kochheim in Bonn mit eindrücklichen Bildern, meint Struck-Schloen. Außerdem gehe es Kochem bei seiner Inszenierung darum, Venedig als Machtzentrale zu zeigen. Er habe diesen Machtraum ins Zentrum gesetzt - eine neue Art, die Oper zu zeigen. In Bonn wird laut Struck-Schloen dazu hinreißend gesungen: Der italienische Bariton Lucio Gallo sei ein überzeugend gebrochener, intensiver Doge, die russische Sopranistin Anna Princeva seine leidenschaftlich und berührend singende Schwiegertochter.