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Oper Kiel

Barockoper: Knietief in der Venusfalle

Foto: Amor (Karola Sophia Schmid, li.) versucht, Cinzia (Isabella Lee, re.) mit seinen Freunden mal ein bisschen locker zu machen.

Amor (Karola Sophia Schmid, li.) versucht, Cinzia (Isabella Lee, re.) mit seinen Freunden mal ein bisschen locker zu machen.

Kiel. Typisch Männerwelt. Vor der Haustür haben die Jungs alles im Griff. Gerne wird dort zur automatischen Waffe gegriffen und notfalls sogar unbequeme Verwandtschaft weggemäht. Nur zu Hause, da behalten die Frauen das Sagen. Da nützt es dem amtierenden Paten Jupiter (Dashuai Chen) wenig, dass er geschickt die Aufteilung der Welt bewerkstelligt und sein betörend nobler Tenor noch so schön belcantistisch strömt. Er hat nicht gleich verhindert, dass die entfernte Kusine Venus (glänzend: Heike Wittlieb) als erotische Bombe in die Proseccofeier der Mafia-Familie platzt. Gattin Juno fährt Tränen und Krallen aus.

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International konkurrenzfähige Stimmen

Wunderbar, wie Sonia Tedia Chebreab dabei als eifersüchtige Hausherrin ihren rubinrot glühenden Mezzosopran in Sorgenfalten legt. Die Italienerin gehört, wie der chinesische Göttergatte, zu einem international konkurrenzfähigen Stimmen-Cast, den Operndirektor Reinhard Linden zusammen mit dem Alte-Musik-Spezialisten Alessandro Quarta ins Kieler Opernhaus gelockt hat.

Boulevard und Familienalbum

Dass der knapp dreistündige Geschlechterk(r)ampf auch nach dreieinhalb Jahrhunderten noch frech und frisch wirkt, liegt auch am trefflich ironischen Libretto von Giulio Cesare Corradi. Und an Ulrich Wallers sehr geschickt zwischen Boulevard-Tempo und Familienalbum-Statik abwechselnde, von den Kostümen (Ilse Welter-Fuchs) ins 20. Jahrhundert versetzte Inszenierung. Auf der Drehbühne bringt der Leiter des St. Pauli Theaters den Seidentapeten-Palazzo und die Lido-Liegenschaften (Bühne: Nina von Essen) ins Rotieren.

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Ballett vergrößert Allzumenschliches

Außerdem vergrößert die amerikanische Choreografin Kim Duddy mit neun biegsamen Körpern des Kieler Balletts immer wieder anschaulich und hochdynamisch allzumenschliche Leidenschaftsanfälle. Alles weitere ist ein Sängerfest.

Termine in der Oper Kiel am 16. Juni, 3. und 6. Juli sowie in der kommenden Spielzeit am 2., 6., 15., 21. und 29. September. Karten: 0431 / 901 901.

www.theater-kiel.de

Von Christian Strehk

KN

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