Während Salzburg draußen vor den Toren in sintflutartigem Regen unterzugehen drohte, stach Cecilia Bartolis Schlachtschiff der guten Unterhaltung mit offenen Segeln in See. Nach großem Lob zu Pfingsten hatte man dafür aber auch die nötige Ruhe auf seiner Seite. "L'italiana in Algeri": ein weiterer Beweis für Bartolis Gespür für erfrischende Oper. Natürlich war dies auch zu großen Teilen der Arbeit des Regieduos Moshe Leiser und Patrice Caurier zu verdanken, durch dessen Mitarbeit die Produktion zu einem weiteren Hit wurde. Für die Wahl ihres Teams hat La Bartoli eben auch ein kluges Händchen.

Neuzugang im Sommer ist Ildar Abdrazakov als Bey Mustafa, der sichtlich Spaß an der Sache hatte. Dabei kommt dieser in die Jahre gekommene Macho von allen Protagonisten am schlechtesten weg. Seiner Frau überdrüssig, sucht er ein Liebesabenteuer mit der schönen Italienerin Isabella und beißt sich an ihr die Zähne aus - fast durchgehend in Unterwäsche und von einem Fettnäpfchen ins nächste stolpernd.

Das spielte Abdrazakov mit so viel Gefühl für Komik und Aufbrausen in der Stimme, dass die anfänglichen Schwächen in den tieferen Registern schnell vergessen waren. Wie das passende letzte Puzzleteil fügte er sich in die Inszenierung ein, als hätte er schon immer dazu gehört.

Nach ihrem viel gelobten Rollendebüt hat La Bartoli die Pause bis zum Sommer offensichtlich gut getan. Zwar saß sie schon zu Pfingsten fest im Sattel der Rolle und des Kamels, auf dem sie anfangs auf die Bühne reitet, nun aber scheint die nötige Sicherheit gekommen zu sein, um die Rolle der Isabella noch detailreicher auszustatten. Zwar ist sie eigentlich nicht wirklich für Bartolis Stimmfach geeignet, ursprünglich ist sie für Alt geschrieben, aber die Italienerin hat sie sich voll und ganz zu eigen gemacht, Hauptaugenmerk auf die Koloraturen und Ausdruck in den Höhen gelegt und die letzten Zweifel mit darstellerischer Intelligenz weggespielt.

Ein freudiges Wiedersehen und -hören gab es auch mit dem Rest des Ensembles. Voll klarer Emotionen sang Edgardo Rocha auch dieses Mal wieder den Lindoro. Alessandro Corbelli verursachte wieder zahlreiche Lacher als tollpatschiger Taddeo. Mit Rebeca Olvera als Elvira und Rosa Bove Zulma positionierten sich zwei weitere starke Frauenstimmen, und auch Jose Coca Loza als Haly verdiente sich seinen Applaus redlich. Das farblich breit ausgemalte Klangfundament bildete das Ensemble Matheus und der Philharmonia Chor Wien unter der Leitung von Jean-Christophe Spinosi, der wie Bartoli, die Partitur noch einmal gut ziehen hat lassen.

Und neben all der musikalischen Pracht konnte man sich auch wieder an Moshe Leisers und Patrice Cauriers Inszenierung nicht sattsehen. Im Hier und Jetzt angesiedelt, ließ Christian Fenouillat bei der Bühnengestaltung dazu keinen Versuch aus, bis ins kleinste Detail das überspitzte Türkenklischee zu unterstreichen, von der Wasserpfeifen-Armada, bis hin zu den wäscheüberhängten Balkonen.

Entgegen der aktuellen Sexismusdebatte hatte sich das Regieduo für einen komödiantischen Ansatz der uralten Frage entschieden: warum ticken Männer und Frauen so unterschiedlich? In der Salzburger "Italiana in Algeri" versuchen die Männer mit Prunk und Protz (Mustafa) oder mit der Gefühlsnummer (Lindoro) zu verführen. Die Frauen untergraben dies mit List und im Falle von Isabelle mit einer gehörigen Portion Humor.

So kam auch am Mittwoch wieder keine einzige Geste platt daher. Und als Isabella und Lindoro am Ende in bester Titanic-Pose am Bug stehend davon segelten, brachen sofort Wellen des Jubels auf sie ein. Nach einigen Minuten Applaus stimmten Ensemble und Orchester noch einmal zum Finale an, das vom klatschenden Publikum begleitet zur Krönung der Aufführung wurde.