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Kritik - "Les pêcheurs de perles" in Salzburg Plácido Domingo in seiner 150. Rolle

Den Zurga in "Les pêcheurs de perles" von Georges Bizet hatte Placido Domingo in seiner langen Karriere auf der Bühne bisher noch nicht gegeben. In einer konzertanten Aufführung der "Perlenfischer" bei den Salzburger Festspielen war es gestern soweit - die sage und schreibe 150. Rolle des Star-Tenors.

Plácido Domingo | Bildquelle: Greg Gorman/LA Opera

Bildquelle: Greg Gorman/LA Opera

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Der große Hit der Oper, für den "Les pêcheurs de perles" bis heute noch am ehesten bekannt ist, kommt bereits nach 15 Minuten. Und dann? Die krude Handlung, in der sich Personen kennen und doch nicht erkennen, in der sie auf überaus konstruierte und dramaturgisch wenig geschickte Weise verbunden sind, hat schon die Zeitgenossen bei der Uraufführung gestört. Heutzutage kommt die peinlich-pittoreske Exotik dazu, die im 19. Jahrhundert sehr en vogue war, in Zeiten der Globalisierung aber bestenfalls kitschig wirkt. Es ist also kein großer Verlust, dass die Salzburger Aufführung auf die Szene verzichtet. Obwohl: Ob eine Regie einen Einfall gehabt hätte, warum Zurga in diesem Fall fast doppelt so alt ist wie sein Jugendfreund Nadir?

Domingo - Bariton oder Tenor?

Die alte, gebetsmühleartige Diskussion, ob Placido Domingo nun ein Bariton ist oder nicht, ist hinfällig. Er selbst hat mehrfach betont, dass er es nicht ist. Im Falle des berühmten Duetts ist das schade: Zu wenig unterscheiden sich die Stimmfarben, es fehlt der stimmlich dunkle Gegenpol zur strahlenden Tenorstimme, der diese Nummer so reizvoll macht. Aber Domingo, er ist einfach ein Phänomen, steigert sich im Laufe des Abends. Die Stimme gewinnt an Fundament und Energie, je vehementer er sich in die Rolle wirft. Domingo schafft es, das, was er stilistisch mit dem altersbedingt doch schwindenden Atem nicht mehr hundertprozentig leisten kann, mit darstellerischen Elementen auszugleichen. Dass dies nicht wie ein kaschierendes Überspielen wirkt, sondern empfunden und aus der Partie heraus gestaltet, beweist seine Klasse als Sängergestalter.

Die Premiere der "Perlenfischer" aus Salzburg: BR-KLASSIK sendet die Aufzeichnung der gesamten Oper am 4. September ab 20:05 Uhr. Danach können Sie die Oper noch 7 Tage lang online anhören.

Placido Domingo, der ideale Lehrmeister

Les Pêcheurs de perles 2018: Plácido Domingo (Zurga), Mozarteumorchester Salzburg | Bildquelle: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli Stanislav Trofimov, Plácido Domingo, Aida Garifullina, Riccardo Minasi und Javier Camarena | Bildquelle: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli Javier Camarena ist stimmlich ein idealer Nadir. Er verbindet Leichtigkeit und Eleganz mit Schmelz und leuchtenden Spitzentönen. Kleine Unsicherheiten im messa di voce, dem bruchlosen Zurücknehmen der Stimme, in seiner großen Arie "Je crois entendre encore" fallen da fast nicht ins Gewicht. Locker und absolut sicher perlen die Koloraturen von Aida Garifullina. Insgesamt gibt es an ihrer Stimme und dem sehr ansprechenden Timbre nichts auszusetzen. Aber sie berührt nicht. Weder musikalisch noch äußerlich macht sie das Drama erlebbar, das der armen Leila wiederfährt. Aber mit Placido Domingo hat die noch junge Sängerin in Sachen Emphase ja den idealen Lehrmeister!

Schmissig und auf Zack

Dirigent Ricardo Minasi bringt das Mozarteumorchester Salzburg und den klangschönen Philharmonia Chor Wien in der Einstudierung von Walter Zeh ganz schön auf Zack. Schmissig, stellenweise perkussiv klingt das, wenn er in den Ensembles den Lautstärkeregler nach oben dreht und rhythmische Details trennscharf herausarbeitet. So entstehen klanglich beeindruckende Tableaus. Leider vernachlässigt er etwas das Parfum, die ins Impressionistische gehende Zartheit und Farbigkeit von Bizets Musik. Das ist schade, denn sie in ihrer ganzen Vielfalt und Schönheit zu hören, ist doch der Hauptgrund, die "Perlenfischer" immer mal wieder aufzuführen. So bleibt am Ende vor allem ein Jubiläum: Der Zurga ist Placido Domingos 150. Rolle. Glückwunsch! Und Haken dahinter. Da kommen sicher noch ein paar weitere dazu.

"Die Perlenfischer" in Salzburg

George Bizet:
"Les pêcheurs de perles"
Konzertante Aufführungen

Aida Garifullina: Leïla
Javier Camarena: Nadir
Plácido Domingo: Zurga
Stanislav Trofimov: Nourabad

Philharmonia Chor Wien
Mozarteumorchester Salzburg
Musikalische Leitung: Riccardo Minasi

Premiere: 23. August

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der Salzburger Festspiele.

Sendung: "Allegro" am 24. August 2018 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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