Placido Domingo, der zuletzt 2015 mit Anna Netrebko in "Il Trovatore" an einer szenischen Produktion bei den Festspielen beteiligt war, kann der Oper nicht ganz entsagen, weswegen er sich statt einem Solistenkonzert in den letzten Jahren und heuer für konzertante Aufführungen entschieden hat. Mit 77 Jahren eine berechtigte Überlegung, doch an Altersruhe denkt der einstige Startenor gar nicht erst. Er suchte sich neue Aufgaben, wechselte ins Bariton-Fach und versuchte sich als Dirigent, was jüngst auf dem Grünen Hügel in Bayreuth ziemlich den Bach - oder besser gesagt den Berg - hinunter ging.

Als Sänger trägt ihn sein Publikum, egal in welcher Rolle und in welchem Fach. Das bewies sich bereits wieder nach seinem ersten Duett mit Javier Camarena. Kaum war der letzte Ton verklungen, brachen Applaus, Jubel und Bravorufe über ihn herein, als hätte er das gesamt Werk bereits hinter sich.

Viel tun brauchte Domingo nicht, aber viel zu tun gab es auch nicht. Georges Bizets "Les Pecheurs de perles" hat nicht wirklich viel Fleisch, ist von der musikalischen Raffinesse und Spannung einer "Carmen" noch weit entfernt (die Werke trennen über zehn Jahre), und besteht aus einem zusammengepuzzelten Libretto, für das erfolgreich Anleihe bei älteren Werken genommen wurde. Kein Wunder, dass die Oper schnell in Vergessenheit geriet und heute nur selten aufgeführt wird.

Trotz dieser schlechten Konditionen setzten die Solisten alles daran, das Werk dennoch auf einen festspielwürdigen Sockel zu heben, allen voran Placido Domingo als Perlenfischer-Oberhaupt Zurga. Seine Bühnenpräsenz ist noch immer fesselnd und sein Durchhaltevermögen bewundernswert, auch wenn er im Forte kräftig gegen das Orchester andrücken musste und in den tieferen Baritonregistern immer noch zu sehr der Tenor durchklingt.

Die Tenorrolle des Nadir hat er im Laufe seiner Karriere einige Male gesungen, doch die gab am Donnerstag Javier Camarena, leidenschaftlich und sauber, wenn auch nicht immer ganz tragfähig. Die Perle des Abends war tatsächlich Aida Garifullina. Die 30-Jährige rührte geradezu als unschuldige Leila, durch deren Melodien sie sich filigran schlängelte und auch in stimmlich anspruchsvolleren Gefilden gab sie sich mit seufzenden, klaren Koloraturen trittsicher. Wenn auch mit wenig Einsatz bedacht, so reihte sich Stanislav Trofimov ebenfalls gut in die beachtliche Solisten-Riege ein.

Für ein paar Höhepunkte sorgte auch der Philharmonia Chor Wien, der besonders in den aufregenden Szenen die Stimmung trug. Die dürften es Dirigent Riccardo Minasi besonders angetan haben, der mit dem Mozarteumorchester vor allem Freude am Aufdrehen hatte - immer wieder zum Leidwesen der Solisten. Der große Jubel und die Bravorufe zum Schluss gebührten natürlich hauptsächlich Placido Domingo und Aida Garifullina, denn deretwegen war das Große Festspielhaus schließlich gefüllt, was man vom Werk nicht unbedingt behaupten kann.